27. Oktober 2022

Die Anzahl Wasserunfälle mit Todesfolgen ist in der vergangenen Badesaison 2022 stark angestiegen

Nach dem überaus heissen Sommer 2022 zieht die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG eine tragische Bilanz. Schon bis nach den Sommerferien (Stichtag 15.09.2022) wurde das langjährige Mittel von rund 46 tödlichen Ertrinkungsfällen pro Jahr deutlich übertroffen. Mitunter dürften dieses Jahr die langwährenden heissen Temperaturen mehr Menschen ans, ins und aufs Wasser gelockt und damit auch die Wahrscheinlichkeit von Ertrinkungsunfällen erhöht haben. Dabei wurden die meisten Fälle in offenen Gewässern verzeichnet.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Badesaison 2022 sind bis Mitte September in der Schweiz knapp 60 Menschen ertrunken. Der Grossteil der Todesfälle (rund 90%) ereignete sich an und in offenen Gewässern (davon gut 60% in Seen und knapp 40% in Flüssen). Die Mehrheit aller Fälle betrifft Männer, diese machen knapp 80% aller Ertrinkungsopfer aus, was dem langjährigen Durchschnittswert entspricht. 

  • Während die im Zehnjahresschnitt besonders gefährdeten Altersgruppe zwischen 15 – 30 Jahren eine konstant hohe Anzahl Ertrinkungsfälle aufwies, haben vor allem die Ertrinkungsunfälle mit tödlichen Folgen im Alter zwischen 70 und 85 Jahren stark zugenommen. 

  • Insgesamt wurden drei tödliche Ertrinkungsunfälle in Badeanstalten verzeichnet. Zwei davon betrafen Kinder im Alter von jeweils vier und fünf Jahren. Der dritte Fall betraf einen 46-jährigen Mann, bei welchem während des Schwimmens ein medizinisches Problem auftrat. 

  • Dass sich während der letzten Monate trotz erhöhter Exposition junger Menschen am, im und auf dem Wasser die Anzahl Ertrinkungsunfälle in diesem Alterssegment per se nicht erhöhten, könnte mitunter auch auf die Präventionsarbeit von SLRG und ihrem Partner Visana zurückzuführen sein. Mit der Kampagne «Save your friends» wurde explizit auf die besonders gefährdete Gruppe der jungen Männer fokussiert. 

  • Die bewährten sechs Bade- und Flussregeln der SLRG gehörten auch in der Badesaison 2022 zum Präventionsprogramm und wurden dieses Jahr an über 100 zusätzlichen Standorten aufgestellt. 

Der Sommer 2022 zeigte sich mit sehr heissen Temperaturen und viel Sonnenzeit prädestiniert für das Aufhalten am, im und auf dem Wasser. Dies haben viele Menschen in der Schweiz auch genutzt, um sich in Badeanstalten sowie in Seen und Flüssen Abkühlung zu verschaffen. Diese Tendenz hat sich leider auch in der Statistik der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG bemerkbar gemacht. Bis zum 15. September 2022 wurden insgesamt knapp 60 tödliche Ertrinkungsunfälle registriert, Suizide ausgenommen. Damit wurde der langjährige Durchschnitt von 46 Ertrinkungsopfern pro Jahr schon nach gut acht Monaten klar übertroffen. Der Vergleich zum vorangegangenen ganzen Jahr 2021 mit 36 Ertrinkungsopfern fällt noch klarer aus. Diese geringere Anzahl führt die SLRG unter anderem auf die schlechtere Witterung über den ganzen Sommer des letzten Jahres zurück. 

Der Grossteil der Todesfälle ereignete sich dieses Jahr mit rund 90% aller Fälle in offenen Gewässern. Davon kommen auf Seen insgesamt gut 60% und auf Flüsse entsprechend knapp 40% der Todesopfer. Wenngleich die offenen Gewässer schon in den vergangenen Jahren die meisten Opfer forderten, ist die Konzentration auf die Seen in diesem Jahr neu. Im Vergleich zum Zehnjahresschnitt ertranken demnach 10% mehr Menschen im See. Hingegen blieben die tödlichen Unfälle in Badeanstalten mit drei Fällen auf tiefem Niveau. Zwei davon betrafen Kinder im Alter von jeweils vier und fünf Jahren. Beim dritten Unglücksfall war ein 46-jähriger Mann betroffen, bei welchem während des Schwimmens ein medizinisches Problem auftrat. 

Bade- und Flussregeln befolgen

Im Geschlechtervergleich setzt sich der Trend der Vorjahre fort. In knapp 80% der im Wasser verunglückten Personen handelte es sich um Männer. Auch hinsichtlich des Alters der verunglückten Personen bestärkt sich ein langjähriger Trend. Eine erste Häufung lässt sich im Alter zwischen 15 bis 30 ausmachen. Neu hingegen ist der zweite Peak zwischen 70 bis 84 Jahren. Allein in dieser Altersgruppe sind knapp 20 Menschen tödlich verunfallt. Die Ursachen sind aufgrund der erhobenen Daten in beiden exponierten Alterskategorien nicht eindeutig zuzuordnen. Es wird vermutet, dass in beiden Fällen das Unterschätzen der Gefahr in offenen Gewässern eine gewichtige Rolle gespielt hat. Während bei der jüngeren Gruppe eventuell das Risikoverhalten ausgeprägter ist und deshalb Unfälle eher provoziert werden könnten, wird vermutet, dass beim Segment der älteren Personen ein Überschätzen der eigenen Wassersicherheit, verbunden mit medizinischen Parametern und gleichzeitigem Unterschätzen der Gefahren in offenen Gewässern zusammengespielt hat. 

Die SLRG versucht seit Jahren mittels verschiedener Massnahmen, die Zahl der Ertrinkungstoten zu senken. Anhand der vorliegenden Informationen wird vermutet, dass viele der tödlichen Unfälle hätten vermieden werden können, hätten sich die Personen an die jeweils sechs Bade- und Flussregeln der SLRG gehalten. Beispiele dafür sind «Lange Strecken nie alleine Schwimmen» oder «In freie Gewässer wagen sich nur gute und geübte Schwimmer». Hinzu kommen die Empfehlungen, in offenen Gewässern stets ein Auftriebsmittel in Reichweite zu haben und sich nur ins Wasser zu begeben, wenn man sich hundertprozentig wohl fühlt. Für die SLRG bedeutet dieses Fazit, dass hinsichtlich der nächsten Badesaison nochmals mit Nachdruck auf diese Regeln hingewiesen und die präventive Arbeit flächendeckend unbedingt weitergeführt werden muss. Dabei wird auch der Nationenvielfalt in der Schweiz Rechnung getragen. Die Bade- und Flussregeln sind auf der Webseite der SLRG in 14 Sprachen zu finden.

Nicht in allen Fällen konnte abschliessend geklärt werden, welcher Nationalität die verunfallten Opfer zugehören und ob diese Personen in der Schweiz wohnhaft sind oder ob es sich um Touristen handelte. Bei rund einem Drittel der Opfer ist die Schweizer Nationalität dokumentiert. Weiterführende oder explizitere Aussagen lassen sich anhand der Datenlage nicht machen. 

Wer wir sind und was wir tun

Die SLRG ist eine Rettungsorganisation des Schweizerischen Roten Kreuzes SRK. Deshalb ist sie auch der in der Bundesverfassung festgeschriebenen «Rôle d’auxiliaire des pouvouirs publics» verpflichtet: Wir arbeiten mit staatlichen Behörden auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene partnerschaftlich zusammen. Aus diesem Grund ist für die SLRG klar, dass sie die Bevölkerung und entsprechend die Schweizer Städte und Gemeinden in Fragen zur Sicherheit am, im und auf dem Wasser weiterhin unterstützt, um Ertrinkungsunfälle so zu verhindern. Dies wird auch im nächsten Jahr mit mehreren Projekten und Partnern in die Tat umgesetzt. Dazu gehören unter anderem folgende Anstrengungen:

  • Anbieten von Wassersicherheitsberatung für Behörden und Institutionen;

  • Informationskampagnen, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren (beispielweise «Save your friends»); 

  • Crashkurse zur Ertrinkungsprävention, um spezifischen Zielgruppen der Städte und Gemeinden das notwendige Grundwissen zu vermitteln; 

  • Badewachen, um lokale Badbetreiber und/oder Städte und Gemeinden am Wasser mit personellen Ressourcen für die Wasseraufsicht zu unterstützen.

Präventionskampagne «Save your friends» 

In ihrer jahrelangen Präventionsarbeit hat die SLRG festgestellt, dass junge Männer im Alter zwischen 15 und 30 Jahren besonders durch Ertrinkungsunfälle gefährdet sind. Gemeinsam mit ihrem Partner Visana hat sie deshalb das Projekt «Save your friends» zur Sensibilisierung dieser Risikogruppe lanciert. Basis ist ein zielgruppenorientierter Internetauftritt (www.saveyourfriends.ch) zum Thema Wassersicherheit. Dieser ist mit einem Safety-Check versehen: Auf einer virtuellen Flussfahrt oder bei einem Online-Seeaufenthalt kann man seine Wassertauglichkeit unter Beweis stellen.